Eine 'religiöse Mutation der Spätantike': Von tribaler Genealogie zum Gottesbund

Koranische Refigurationen pagan-arabischer Ideale nach biblischen Modellen

Angelika Neuwirth
Jahr: 2014
DOI: 10.17171/3-29-10
Shortlink: edition-topoi.org/articles/details/726

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The paper traces the migration of Muhammad’s community out of its tribally oriented milieu into the textual world of the biblical tradition. By negotiating with the pagan social order and value systems, the Qur’anic community had already, during the prophet’s Meccan ministry, succeeded in superseding the prevailing tribal order with a new spiritual loyalty towards God. Biblical figures served as role models, most importantly Abraham, who rejected his pagan clan. After establishing themselves in Medina the members of the community found themselves vis-à-vis a new, Biblical concept of clan: the children of Abraham, who claim the privilege of benefiting from the “merits of their fathers”. In a new process of negotiation a new image of Abraham was coined, portraying him as an exclusively spiritual role model, isolated from his genealogical offspring and integrated into a community of prophets, who by then had replaced the community’s physical forefathers and been acknowledged as the true forbears of the believers.

Der Artikel verfolgt die “Migration” der Gemeinde Muhammads aus ihrem tribal orientierten arabischen Milieu in die Textwelt der biblischen Tradition. In Auseinandersetzung mit der paganen Gesellschaftsordnung und ihrem Wertekanon ersetzte die koranische Gemeinde bereits während der mekkanischen Wirkungszeit des Propheten die vorherrschende Stammesloyalität durch ein spirituelles Treueverhältnis mit Gott. Biblische Figuren wurden zu Vorbildern, allen voran Abraham, der sich von seinem – dem Götzendienst anhängenden – Clan distanziert hatte. Nach ihrer Niederlassung in Medina fand sich die Gemeinde mit einem neuen, biblischen Clankonzept konfrontiert: demjenigen der Nachkommen Abrahams, die den Anspruch auf einen privilegierten Status aufgrund der “Verdienste der Väter” erhoben. In einem weiteren Verhandlungsprozess wird daher ein neues Bild von Abraham geprägt, den die Gemeinde als ausschließlich spirituelles Rollenmodell versteht, losgelöst von seinen genealogischen Nachkommen, vielmehr integriert in eine Gemeinschaft der Propheten, die in dieser Phase an die Stelle der physischen Vorfahren der Gemeinde getreten waren und als die wirklichen Ahnen der Gläubigen Anerkennung genossen.

Autoren

Citation

Angelika Neuwirth, "Eine 'religiöse Mutation der Spätantike': Von tribaler Genealogie zum Gottesbund. Koranische Refigurationen pagan-arabischer Ideale nach biblischen Modellen", in: Almut-Barbara Renger and Isabel Toral-Niehoff (Eds.), Genealogie und Migrationsmythen im antiken Mittelmeerraum und auf der arabischen Halbinsel, Berlin: Edition Topoi, 2014, 203–232

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